Die Kastration beim Rüden

Die Kastration kann je nach Grösse des Hundes ab 5-7 Monaten durchgeführt werden. Kleinere Rassen sind früher geschlechtsreif als grosse Hunderassen. Sobald die Rüden zum Pinkeln das Bein heben, ist dies ein gutes Indiz für das Erreichen der Geschlechtsreife.

Die Kastration erfordert eine Vollnarkose, in unserer Praxis können Sie bei Ihrem Vierbeiner bleiben, bis dieser eingeschlafen ist. Für eine gute Narkoseüberwachung werden die Hunde bei uns intubiert und an moderne Überwachungsgeräte angeschlossen. Die Operation wird über einen Schnitt ein paar Zentimeter vor den Hoden durchgeführt. Die Hoden werden entfernt, der Hodensack bleibt intakt, die Wunde wird mit 2 Nähten verschlossen. Als Leckschutz, damit sich die Hunde nicht die Fäden herausreissen, kann ein Body oder ein Halskragen dienen. Die Fäden werden nach 10-12 Tagen gezogen, während dieser Zeit gilt Leinenzwang.

Bei den Rüden wird individuell beurteilt, ob eine Kastration sinnvoll ist oder nicht.

Gründe für eine Kastration beim Rüden können sein:

  • Hypersexualität: Der Hund besteigt Kissen, Plüschtiere oder die Beine der Besitzer und macht Kopulationsbewegungen. Wichtig ist dabei, dieses Verhalten durch erzieherische Massnahmen zu unterbinden. Teilweise kann das Problem ohne Kastration gelöst werden.
  • Aggression gegenüber anderen Rüden: Eine Kastration ist in 30-60 % der Fälle wirkungsvoll.
  • Ausfluss aus dem Penis und Vorhautentzündung: Durch regelmässige Spülung der Vorhaut mit verdünnter, desinfizierender Lösung kann die Vorhautentzündung vorübergehend vermindert werden. Meistens kommt es aber zu Rezidiven. Eine gewisse Menge weisslich-gelber Ausfluss ist bei unkastrierten Rüden normal. Der Ausfluss und eine allfällige Vorhautentzündung verschwinden nach der Kastration.
  • Läufige Hündinnen in der Umgebung: Die Rüden können durch läufige Hündinnen in der Nachbarschaft sehr gestresst sein. Nicht selten suchen unkastrierte Rüden auch Fluchtmöglichkeiten und streunen umher. Insbesondere wenn mehrere unkastrierte Hündinnen in der Nachbarschaft wohnen kann dies für die Rüden und ihre BesitzerInnen ein grosser Stressfaktor sein.
  • Markieren: Harnmarkieren kann bei Rüden wie auch bei Hündinnen beobachtet werden. Spaziergänge mit unkastrierten Rüden, welche alle paar Meter ihr Bein heben, stellen ihre BesitzerInnen auf eine Geduldsprobe. Einige Hunde markieren auch im Haus. Dieses Verhalten wird eventuell durch eine Kastration beeinflusst, vorher müssen aber medizinische Probleme ausgeschlossen werden. Teilweise sind eine zusätzliche Verhaltenstherapie und erzieherische Massnahmen notwendig.
  • Bei kryptorchiden Rüden liegt der Hoden entweder im Bauch oder in der Leistengegend. Vor allem Hoden, welche im Bauch liegen und nicht in den Hodensack abgestiegen sind, sollten entfernt werden. Durch die erhöhte Temperatur im Bauch kann das Gewebe zu einem Tumor entarten. Zudem ist Kryptorchismus vererbbar und mit betroffenen Rüden sollte nicht gezüchtet werden.
  • Prostataprobleme: Eine vergrösserte oder entzündete Prostata kann vorübergehend mit Medikamenten behandelt werden, häufig kommt es jedoch zu Rezidiven. Bei einer gutartig vergrösserten Prostata bietet die Kastration eine dauerhafte Heilung. Symptome einer veränderten Prostata können Mühe beim Kotabsatz, flachgedrückter Kot, Mühe beim Urinabsatz, blutiger Urin oder Schmerzen sein.
  • Hodentumore: Bei älteren unkastrierten Rüden kann es zu einer Entartung des Hodens kommen, je nach Tumorart werden auch Allgemeinsymptome wie zum Beispiel Blutarmut beobachtet. Die Tumore sollten in einer Operation entfernt werden, es kommt selten zu Rezidiven oder zur Bildung von Metastasen. Abhängig von den Allgemeinsymptomen ist die Prognose für betroffene Hunde gut.

Unerwünschte Wirkungen einer Kastration beim Rüden:

  • Attraktivität für andere Rüden: Ängstliche Hunde können durch die sexuelle Belästigung durch andere Hunde bedrängt werden.
  • Fellveränderungen: Bei Rüden treten seltener Fellveränderungen auf als bei Hündinnen. Hunde mit seidigem Fell wie Irish Setter, Langhaardackel, Cocker Spaniel, etc. sind prädisponiert.
  • Gewichtszunahme: Der Stoffwechsel verändert sich nach einer Kastration. Kastrierte Tiere neigen eher zu Übergewicht. Wichtig ist, sich dessen bewusst zu sein und regelmässig das Gewicht Ihres Vierbeiners zu kontrollieren. So kann bei einer Gewichtszunahme reagiert werden, bevor das Tier an Übergewicht leidet. Eine Umstellung auf ein kalorienreduziertes Spezialfutter kann sinnvoll sein.
  • Verhalten und Entwicklung: Rüden, welche weit vor der Geschlechtsreife kastriert werden, können lebenslang ein verspieltes, „welpenhaftes“ Verhalten zeigen. Bei grossen Hunden kann es bei einer frühen Kastration zu einem vermehrten Längenwachstum der Knochen kommen. Diese Hunde sind sehr hochbeinig und können später unter anderem an Arthrose leiden.

Die chemische Kastration beim Rüden

Falls man Zweifel hegt, ob eine Kastration das richtige für den eigenen Rüden ist und um zu schauen, wie sich das Verhalten nach der Kastration verändert, können Implantate eingesetzt werden. Die Implantate haben eine Länge von ca. 1 cm und werden im Nacken unter die Haut gesetzt, dieser Eingriff erfordert keine Narkose. Während ca. 6 bzw. 12 Monaten (abhängig vom gewählten Produkt) ist der Hund chemisch kastriert. Die Grösse der Hoden geht deutlich zurück. Das Implantat löst sich unter der Haut auf und muss nicht wieder entfernt werden. Der Spiegel des Sexualhormons Testosteron steigt wieder an, wenn das Implantat seine Wirkung verloren hat.

Die Kastration bei der Hündin

Die Kastration kann je nach Grösse des Hundes ab 5-6 Monaten durchgeführt werden. Kleinere Rassen sind früher geschlechtsreif als grosse Hunderassen. Grosse Hündinnen werden teilweise erst mit bis zu 2 Jahren zum ersten Mal läufig.

Die Kastration erfordert eine Vollnarkose, in unserer Praxis können Sie bei Ihrem Vierbeiner bleiben, bis dieser eingeschlafen ist. Für eine gute Narkoseüberwachung werden die Hunde bei uns intubiert und an moderne Überwachungsgeräte angeschlossen. Die Operation wird über einen Schnitt am Bauch durchgeführt. Je nach Alter des Hundes werden entweder die gesamte Gebärmutter oder nur die Eierstöcke entfernt. Als Leckschutz, damit sich die Hunde nicht die Fäden herausreissen, kann ein Body oder ein Halskragen dienen. Die Fäden werden nach 10-12 Tagen gezogen, während dieser Zeit gilt Leinenzwang. Die Hündinnen dürfen sich nicht zu stark bewegen, damit die Naht nicht reisst und es zu einer guten Wundheilung kommen kann.

Es wird unterschieden, ob die Kastration vor oder nach der 1. Läufigkeit durchgeführt wird. Das Risiko für Mammatumore liegt bei Hunden, welche vor der 1. Läufigkeit kastriert wurden bei 0.05 % (1/2000 Hunden). Bei einer Kastration nach der 1. Läufigkeit steigt das Risiko auf 2.5 % (1/40 Hunden). Nach der 2. Läufigkeit kastrierte oder unkastrierte Hündinnen haben ein Risiko von 25 % (jede vierte Hündin), an Mammatumoren zu erkranken. Bei ca. der Hälfte dieser Knoten in der Milchleiste handelt es sich um bösartige Tumoren. Harnträufeln tritt bei früh kastrierten Hündinnen seltener auf, als wenn sie nach der ersten Läufigkeit operiert werden.

Nach einer Läufigkeit sollte 1-2 Monate gewartet werden, bevor die Hündin zur Kastration vorgestellt wird. Aufgrund der hormonellen Einflüsse sollte der Eingriff in der Ruhephase zwischen den Sexualzyklen durchgeführt werden.

Bei Hündinnen wird häufiger als bei Rüden zu einer Kastration geraten.

Gründe für eine Kastration bei der Hündin

  • Verhinderung einer Trächtigkeit: Die meisten Hündinnen werden 2x jährlich läufig. Die Zeitspanne, in welcher die Hündin gedeckt werden kann, variiert zwischen 3 und 21 Tagen. Während dieser Zeit sollten die Hündinnen von unkastrierten Rüden getrennt werden, um unerwünschten Nachwuchs zu verhindern.
  • Verhinderung der Läufigkeit: Einige Hündinnen haben während der Läufigkeit relativ starken blutigen Scheidenausfluss, das kann vor allem für die BesitzerInnen störend sein. Während und nach der Läufigkeit zeigen manche Hündinnen ein verändertes Verhalten, dies kann von vermindertem Appetit bis zu einer Scheinträchtigkeit reichen. Manche Hündinnen bilden während einer Scheinträchtigkeit Milch und die Milchdrüsen können sich entzünden. Die Scheinträchtigkeit ist für Hündinnen teilweise mit grossem Stress verbunden, sie tragen Stofftiere oder ähnliches mit sich herum und sind unruhig. Oft sind diese Scheinträchtigkeiten nicht eine einmalige Angelegenheit, sondern wiederholen sich mit jeder Läufigkeit und die Symptome verschlimmern sich sogar von Läufigkeit zu Läufigkeit.  Eine allfällige Milchproduktion kann mit Medikamenten behandelt werden, dauerhafte Abhilfe schafft die Kastration der Hündin.
  • Eine Gebärmuttervereiterung (Pyometra) oder Tumore der Gebärmutter können verhindert werden. Eine Gebärmuttervereiterung mit einer nachfolgenden Blutvergiftung kann für die Hündin tödlich enden.
  • Unkastrierte Hündinnen haben ein erhöhtes Risiko an Zuckerkrankheit (Diabetes Mellitus) zu erkranken.

Unerwünschte Wirkungen einer Kastration bei der Hündin

  • Harnträufeln (Inkontinenz): Diese Komplikation tritt insbesondere bei grossen Hunderassen (> 20kg Körpergewicht) auf, Boxer sind prädisponiert. Die Inkontinenz kann direkt nach der Kastration oder Jahre später auftreten. Mit Medikamenten kann ein Grossteil der Hunde erfolgreich behandelt werden, die Therapie muss lebenslang durchgeführt werden. Das Risiko einer Inkontinenz steigt bei spät kastrierten Hündinnen.
  • Gewichtszunahme: Der Stoffwechsel verändert sich nach einer Kastration. Kastrierte Tiere neigen eher zu Übergewicht. Wichtig ist, sich dessen bewusst zu sein und regelmässig das Gewicht Ihres Vierbeiners zu kontrollieren. So kann bei einer Gewichtszunahme reagiert werden, bevor das Tier an Übergewicht leidet.
  • Fellveränderungen: Hündinnen mit seidigem Fell wie Irish Setter, Langhaardackel, Cocker Spaniel, etc. sind prädisponiert. Unter anderem beim Neufundländer kann es zur vermehrten Bildung von Unterwolle kommen.
  • Verhalten und Entwicklung: Hündinnen, welche weit vor der Geschlechtsreife kastriert werden, können lebenslang ein verspieltes, „welpenhaftes“ Verhalten zeigen. Bei grossen Hunden kann es bei einer frühen Kastration zu einem vermehrten Längenwachstum der Knochen kommen. Diese Hunde sind sehr hochbeinig und können später unter anderem an Arthrose leiden.

Unterdrückung der Läufigkeit mit Spritzen

Eine langfristige Unterdrückung der Läufigkeit durch Hormone kann nicht empfohlen werden, es kann zu Veränderungen der Gebärmutter und zu einer Gebärmuttervereiterung (Pyometra) kommen.

Geschrieben von

Anna Geissbühler Philipp

Dr. med. vet. FVH für Kleintiermedizin
Dipl. Verhaltenstierärztin STVV

Anna Geissbühler Philipp ist seit 1991 Diplomierte Tierärztin im Kleintierbereich. Eröffnung der eigenen Praxis 1998. Durch ihre langjährige Erfahrung im Bereich Kleintiermedizin und laufenden Weiter- und Fortbildungen, vor allem in den Bereichen der Inneren Medizin, verfügt Sie über ein grosses Know-How und Wissen. Dieses gibt Sie aktiv an Ihre Mitarbeiterinnen und Auszubildenden weiter. Zusätzlich hat sich Anna Geissbühler Philipp im Bereich der Verhaltsmedizin weitergebildet und 2006 mit Diplom zur Verhaltenstierärztin abgeschlossen.